Artikel-Informationen
erstellt am:
18.11.2021
Das Land Niedersachsen feiert in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag. 75 Jahre Niedersachsen sind auch 75 Jahre Justizgeschichte. Die Justizministerin Havliza besucht aus diesem Anlass insgesamt sieben Orte der niedersächsischen Justiz im Rahmen einer „Zeitreise“. Am 20.10.2021 führte diese Zeitreise die Justizministerin an das Sozialgericht Hannover im Fachgerichtszentrum.
Dort wurde in einer simulierten Gerichtsverhandlung – durchgeführt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialgerichts, einer Rechtsanwältin und einer ehrenamtlichen Richterin – eine aktuelle Frage, basierend auf einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, behandelt und diskutiert: verstößt es gegen die Verfassung, wenn Eltern in der Pflegeversicherung kein Beitragsnachlass für jedes Kind, das sie betreuen und erziehen, gewährt wird? Die Klägerin der simulierten Gerichtsverhandlung war Mitglied in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und Mutter von 5 Kindern. Bei der Pflegekasse stellte die Klägerin einen Antrag auf Reduktion der Beiträge zur Pflegeversicherung für jedes Kind. Sie vertrat die Auffassung, dass der in der gesetzlichen Pflegeversicherung existierende Beitragszuschlag für Kinderlose unzureichend sei. Beitragszahler mit (nur) einem Kind seien gegenüber solchen mit mehreren Kindern verfassungswidrig privilegiert, weil der Gesetzgeber die tatsächlichen Unterschiede in der Erziehungsleistung von Beitragszahlern mit mehr als einem Kind sachwidrig außer Acht lasse. Über diesen Sachverhalt und die grundsätzliche Frage, ob eine Entlastung von Eltern in Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherung verfassungsrechtlich geboten ist, diskutierten im Anschluss an die simulierte Verhandlung mit der Ministerin mehrere Studierende und Rechtsreferendarinnen und Referendare. Einen Einblick in die Problematik und den Umgang mit diesen Fragen beim Bundesverfassungsgericht ermöglichte mit ihrem Vortrag Frau Dr. Andrea Bindig, Richterin am Landessozialgericht und zurzeit abgeordnet an das Bundesverfassungsgericht. Am Ende war die ganze Bandbreite von Meinungen vertreten und bestätigte die Worte der Präsidentin des Sozialgerichts Hannover, Gabriele Beyer, dass die Tätigkeit am Sozialgericht nicht nur abwechslungsreich, sondern auch gesellschaftlich aktuell ist.
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erstellt am:
18.11.2021