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Sachverständigentreffen 2017

Am 01. März 2017 fand das jährliche Sachverständigengespräch des Sozialgerichts Hannover unter der Moderation von Richter am Sozialgericht Hans-Joachim Niederlag statt. Diese regelmäßige Zusammenkunft von Richtern des Sozialgerichts Hannover und ärztlichen Sachverständigen stand in diesem Jahr unter dem Motto „Digitalisierung in der Medizin - Robodoc und/oder sprechende Medizin".

Gabriele Beyer, Präsidentin des Sozialgerichts Hannover, eröffnete den seit vielen Jahren stets Anfang März stattfindenden interdisziplinären Austausch. Sie stellte dar, dass die Digitalisierung bereits alle Lebensbereiche erfasst habe, aber sich insbesondere im medizinischen Bereich Fragen stellen. „Das durch die Digitalisierung erworbene Wissen kann nicht nur für den Patienten, sondern im Rahmen einer nutzbringenden Anwendung durch Bündelung auch für die Forschung von großem Gewinn sein. Den Arzt darf der Roboter jedoch nicht ersetzen“. In diesem Zusammenhang berichtete Gabriele Beyer auch den Stand der Digitalisierung in der niedersächsischen Justiz. In einem ersten Schritt sei bereits das elektronische Gerichtspostfach eingerichtet worden. In zweiten Schritt wird dann die elektronische Akte eingeführt, die dann die bis dahin parallel geführte Papierakte ersetzen soll. Bis Dezember 2018 soll die rechtsverbindliche elektronische Akte bei den Sozialgerichten, Arbeitsgerichten und Verwaltungsgerichten pilotiert werden. „Dann werden auch die Gutachten der Sachverständigen in elektronischer Form erforderlich sein.“

Dr. phil. Marcel Mertz lud das Auditorium zu einer kleinen Fiktion ein und (ent-) führte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in das Jahr 2035. Er zeigte anschaulich die ethischen Herausforderungen und Themen durch Digitalisierung und Roboterisierung durch konkrete Auswirkungen und Einflüsse im Rahmen seines Tagesablaufes am 1. März 2035 dar. So begann sein Tag mit automatisch sortiert nach Relevanz für ihn ausgesuchten wichtigen Mitteilungen seines Smartphones. Es fand sich darunter eine Mitteilung einer intensivmedizinischen Station der MHH, dass der zuständige Software-Agent, ein teilautonomes Computerprogramm, das für Entscheidung am Lebensende zuständig ist, in der Nacht entschieden hatte, bei einer Patientin die lebenserhaltenden Systeme abzustellen, was dann auch getan worden sei. Wie viele Menschen lebe auch er in einem Smart-Home, in dem so ziemlich alles miteinander vernetzt sei und viele Sensoren registieren, wo er sich gerade befinde und was er mache, damit ihm ein angenehmes Leben gestaltet werden könne. So werde die Musik - je nach emotionaler Verfassung - für ihn ausgesucht, der Kaffee morgens für ihn zubereitet; er setze sich morgens in sein selbstfahrendes Fahrzeug und könne diese Zeit für - für ihn vom System ausgesuchte - Nachrichten nutzen. Gehirn-Computer-Schnittstellen, mit denen behinderten, blinden oder kommunikationsbeeinträchtigten Menschen geholfen werden könne, seien längst erlaubt. Dadurch könnten nach Unfällen Querschnittsgelähmte wieder gehen. Derzeit werde aber politisch kontrovers diskutiert, ob solche Schnittstellen auch nicht-therapeutisch angewendet werden dürften, so um die Arbeitskraftleistung deutlich zu erhöhen. Nachmittags fuhr Dr. Mertz zu seinem Vater. Dessen Pflege findet zu Hause durch Roboter statt, Videotelefone ermöglichen den Kontakt zur Außenwelt. Eine App auf seinem Smartphone mache ihn auf sein ungesundes Essen und Bewegungsmangel aufmerksam. Und seine Krankenkasse habe ihn an seinen ungesunden Lebenswandel erinnert und darauf aufmerksam gemacht, bestimmte Erkrankungen unter Umständen nicht mehr abdecken zu wollen.

Dr. phil. Marcel Mertz machte auf den möglichen Verlust unserer Selbstbestimmung und Entscheidungshoheit, auf die sich stellenden Fragen um die informationelle oder digitale Selbstbestimmung, die Gerechtigkeit, die Verantwortung und Haftung von halbautonomen oder ganz autonomen technischen Systemen, die Entstehung neuer Normativitäten, z.B. durch digitale Selbstvermessung, aufmerksam und zeigte die ethischen Herausforderungen auf.

„Digitalisierung in der Medizin - Robodoc und/oder sprechende Medizin“ eine lebhafte und hoffentlich gewinnbringende Diskussion anstoßen.

 
Das diesjährige Thema löste eine lebhafte, erhellende und gewinnbringende Diskussion aus. Die Basis: „Die Würde des Menschen“.
 
Auditorium
 
PräsnSG Gabriele Beyer eröffnet das Sachverständigentreffen 2017 im Central Hotel Kaiserhof Hannover
 
PräsnSG Gabriele Beyer begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Sachverständigentreffen 2017
 
RSG Hans-Joachim Niederlag führt in das Thema des Abends ein
 
Referent Dr. phil. Marcel Mertz, Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin, Medizinische Hochschule Hannover
 
Referent Dr. Mertz und Moderator der Diskussion RSG Niederlag
 
Auditorium
 
Auditorium
 
Auditorium
 
Auditorium
 
PräsnSG Beyer und RSG Niederlag bedanken sich bei Dr. Mertz für sein Eingangs-Statement
 
PräsnSG Beyer und RSG Niederlag verabschieden den Referenten Dr. Mertz
 
Auditorium

Dr. phil. Marcel Mertz, Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin, Medizinische Hochschule Hannover referierte zum Thema „Digitalisierung in der Medizin - Robodoc und/oder sprechende Medizin“

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